Arbeitszeugnis
für Arbeitnehmer
Arbeitszeugnisse gehören zu den wichtigsten Dokumenten, die Arbeitnehmer im Laufe ihres Berufslebens sammeln. Es lohnt sich also, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Besonders wichtig ist, welche Art von Zeugnis Sie von Ihrem Arbeitgeber verlangen können und welchen Inhalt es haben muss.
Erhält ein Arbeitnehmer auch auf Verlangen kein Zeugnis oder ein Zeugnis, das diesen Anforderungen nicht entspricht, muss er dies nicht einfach hinnehmen. Denn Arbeitgeber sind gesetzlich zur Erstellung eines ordnungsgemäßen Zeugnisses verpflichtet und können notfalls auch gerichtlich dazu gezwungen werden. Dennoch sollten Arbeitnehmer rechtzeitig prüfen, ob ihr Arbeitgeber möglicherweise gegen seine Pflichten verstößt. Die Arbeitsgerichte lehnen es nämlich häufig ab, sich mit Zeugnisfragen erst einige Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu befassen.
Zeugnisarten
Zunächst müssen die verschiedenen Arten von Zeugnissen unterschieden werden. Hinsichtlich des Umfangs ist zwischen einfachen und qualifizierten Zeugnissen zu unterscheiden. Zudem sind Zwischen- und Endzeugnisse zu unterscheiden.
a) Einfache und qualifizierte Zeugnisse
Einfache Zeugnisse enthalten Angaben über Art und Dauer der Tätigkeit. Sie entsprechen inhaltlich eher einer Bescheinigung über eine bestimmte berufliche Tätigkeit, eine Bewertung fehlt. Als Nachweis z.B. gegenüber einer Behörde ist ein einfaches Zeugnis völlig ausreichend, für die Bewerbung um eine neue Stelle ist es jedoch ungeeignet.
Qualifizierte Zeugnisse beziehen sich zusätzlich auf das Verhalten und die Leistung des Arbeitnehmers. Der Arbeitgeber bewertet und benotet also den Arbeitnehmer. Für potentielle zukünftige Arbeitgeber oder im Rahmen von Beförderungen ist dieser Teil in der Regel am interessantesten.
Arbeitnehmer müssen sich grundsätzlich nicht mit einem einfachen Zeugnis begnügen, sondern können die qualifizierte Variante verlangen. Dies ergibt sich aus § 109 GewO. Ausnahmsweise kann der Arbeitgeber die Ausstellung eines qualifizierten Zeugnisses verweigern, wenn er aufgrund der nur kurzen Dauer des Arbeitsverhältnisses (bei wenigen Wochen oder nur Tagen) keine vernünftige Beurteilung abgeben kann.
b) Zwischen- und Endzeugnisse
Ein Endzeugnis erhält der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Im allgemeinen Sprachgebrauch sind Endzeugnisse gemeint, wenn von Arbeitszeugnissen die Rede ist. Arbeitgeber sind immer verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Endzeugnis auszustellen – es sei denn, das Arbeitsverhältnis endet durch den Tod des Arbeitnehmers, aber wer braucht dann schon noch ein Zeugnis?
Sie sollten immer darauf achten, dass das Ausstellungsdatum mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses übereinstimmt. Ist das Zeugnis auf einen wesentlich späteren Zeitpunkt datiert, kann dies bei einem möglichen neuen Arbeitgeber einen negativen Eindruck erwecken. Entweder wurde das Arbeitsverhältnis im Streit beendet, was die Ausstellung des Zeugnisses verzögert hat, oder Sie haben sich lange nicht um die Ausstellung und damit um eine wichtige persönliche Angelegenheit gekümmert.
Der Arbeitnehmer kann grundsätzlich immer die Erteilung eines Zwischenzeugnisses verlangen, das sich inhaltlich nicht von einem Endzeugnis unterscheidet. Zwar muss der Arbeitnehmer hierfür ein berechtigtes Interesse vorweisen können, das z.B. bei einem Vorgesetztenwechsel, einer Versetzung oder einer drohenden Kündigung gegeben ist. Der Wunsch nach beruflicher Veränderung reicht jedoch aus, so dass diese Voraussetzung eher ein theoretisches Hindernis darstellt.
Es kann aber sein, dass der Arbeitgeber durch die Anforderung eines Zwischenzeugnisses sozusagen in „Alarmbereitschaft“ versetzt wird und dem Arbeitnehmer – berechtigt oder unberechtigt – Wechselabsichten unterstellt. Ob und wann ein Zwischenzeugnis verlangt wird, sollte daher mit Bedacht entschieden werden.
Vorläufige Zeugnisse sind Endzeugnisse, die Arbeitgeber einem bereits gekündigten Arbeitnehmer vor Ablauf der Kündigungsfrist ausstellen, damit dieser sich bereits um neue Stellen bewerben kann.
Zeugnisinhalt
Arbeitszeugnisse müssen zwingend den Namen und die Anschrift des Arbeitgebers, die persönlichen Daten des Arbeitnehmers (Name, Geburtsdatum und -ort) sowie den Zeitraum und eine detaillierte Beschreibung der Beschäftigung enthalten, wobei letztere auch stichpunktartig erfolgen kann. Unterschrift und Datum dürfen auf keinen Fall fehlen.
Qualifizierte Zeugnisse gehen darüber hinaus auf das Verhalten und die Leistung des Arbeitnehmers ein. Dazu gehört auch, wie der Arbeitgeber die Eignung des Arbeitnehmers für die jeweilige Tätigkeit sowie seine fachlichen und sozialen Kompetenzen bewertet. Es ist wichtig, die in diesem Zusammenhang von den Arbeitgebern üblicherweise verwendeten Formulierungen interpretieren zu können.
Diese lauten in der Regel wie folgt:
stets zu unserer vollsten Zufriedenheit => sehr gut
stets zu unserer vollen Zufriedenheit => gut
zu unserer vollen Zufriedenheit => befriedigend
zu unserer Zufriedenheit => ausreichend
stets bemüht => mangelhaft
Bezüglich der Verhaltensbeurteilung sind folgende Formulierungen gängig:
stets vorbildlich => sehr gut
vorbildlich => gut
einwandfrei => befriedigend
ohne Tadel => ausreichend
Arbeitszeugnisse müssen wahr und wohlwollend sein. Arbeitgeber sind verpflichtet, ihren Arbeitnehmern keine Steine in den Weg zu legen, damit diese ihre Karriere fortsetzen können. Daraus folgt jedoch nicht, dass sie für ihre Arbeitnehmer lügen müssen. Ebenso wenig sind Arbeitgeber verpflichtet, bei einem positiven Gesamteindruck kleinere Fehler zu erwähnen.
Außerdem müssen Zeugnisse klar und verständlich formuliert sein. Arbeitgeber dürfen keine versteckten oder zweideutigen Formulierungen verwenden, die andere Arbeitgeber warnen könnten.
Die Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses dürfen nur mit Zustimmung des Arbeitnehmers genannt werden. Eine übliche Formulierung, die kein schlechtes Licht auf den Arbeitnehmer wirft, ist z.B. das Ausscheiden „auf eigenen Wunsch“.
Die Schlussformel
Für Arbeitnehmer ist es immer wünschenswert, wenn das Zeugnis mit einer so genannten Schlussformel endet. Damit vermittelt der Arbeitgeber einen positiven Eindruck:
dem Arbeitnehmer für seine (stets sehr gute) Mitarbeit dankt,
den Verlust des Arbeitnehmers bedauert und
ihm für die Zukunft beruflich (und evtl. auch privat) alles Gute wünscht.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts haben Arbeitnehmer keinen Anspruch auf eine solche Schlussformel oder auch nur Teile davon, obwohl die Verwendung solcher Formeln durchaus üblich ist. Zwar wird die „Bedauernsformel“ teilweise nur bei besonders verdienten Arbeitnehmern verwendet. Lässt der Arbeitgeber aber die Schlussformel ganz weg, drückt er damit häufig seine Geringschätzung aus. Mit einem solchen Zeugnis sollten Sie sich in den meisten Fällen nicht abfinden!
Achten Sie auch darauf, dass Sie ein einwandfreies Zeugnis erhalten. Der Arbeitgeber darf es zwar falten, wenn er es in einem kleinen Umschlag verschickt. In diesem Fall ist es aber besser, das Zeugnis abzuholen.
Rechtliche Schritte
Weigert sich Ihr Arbeitgeber, Ihnen ein – befriedigendes – Arbeitszeugnis auszustellen, können Sie ihn vor dem Arbeitsgericht verklagen. Oft lohnt es sich, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht mit der Angelegenheit zu beauftragen. Dieser kann auch bereits versuchen, eine außergerichtliche Lösung herbeizuführen.
Geht es nur darum, ob der Arbeitgeber überhaupt ein Zeugnis ausstellen muss, ist die Sache weniger kompliziert. Nach § 109 GewO ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet. Schwieriger wird es, wenn über den Inhalt des Zeugnisses gestritten wird. Grundsätzlich muss der Arbeitgeber vor Gericht alle Tatsachen darlegen und beweisen, die für den von ihm formulierten Inhalt sprechen. Er muss z.B. darlegen, warum der Arbeitnehmer nur „zur Zufriedenheit“ (ausreichend) gearbeitet hat.
Die Rechtsprechung macht allerdings eine – sehr weitgehende – Ausnahme: Ist der Arbeitnehmer abweichend vom Arbeitgeber der Auffassung, dass seine Leistungen „überdurchschnittlich“, also mit „gut“ oder „sehr gut“ zu bewerten sind, muss er darlegen und beweisen, was für seine Auffassung spricht. Bei einer Bewertung mit „befriedigend“, die in der Praxis meist nicht als durchschnittlich, sondern als unterdurchschnittlich und damit negativ empfunden wird, liegt die Darlegungs- und Beweislast also beim Arbeitnehmer. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer ein „sehr gut“ erwartet. Diese Konstellationen stellen die Standardfälle in Zeugnisprozessen dar, so dass der Arbeitnehmer in der Regel einen hohen Argumentationsaufwand betreiben muss.
Hinsichtlich der Klagemöglichkeit ist zu beachten, dass zwar grundsätzlich die gesetzliche Verjährungsfrist von 3 Jahren gilt. Allerdings können zum einen vertraglich andere, deutlich kürzere Ausschlussfristen vereinbart werden. Zum anderen gehen die Arbeitsgerichte oft schon nach wenigen Monaten davon aus, dass der Anspruch auf ein (inhaltlich abweichendes) Arbeitszeugnis verwirkt ist, weil sich der Arbeitnehmer über einen entsprechenden Zeitraum nicht darum gekümmert hat. Es empfiehlt sich daher nach wie vor ein schnelles, aber auch überlegtes Handeln.
Haben Sie wegen eines Arbeitszeugnisses Streitigkeiten mit Ihrem Arbeitgeber? Dann buchen Sie sofort einen Termin bei einem unserer Experten. Wir beraten und unterstützen Sie in dieser Situation.
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