Top 10 Arbeitsrecht Urteile aus 2024

Im Jahr 2024 haben die deutschen Arbeitsgerichte wieder eine Menge an Urteilen gesprochen. Neben spannenden und überraschenden Urteilen gab es auch einige Grundsatzentscheidungen. Die Urteile des Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt haben gezeigt, dass es in jedem Verfahren um Fairness zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, sowie um Betriebsräten geht.

Damit Sie einen guten Überblick über das vergangene Jahr bekommen, haben wir für Sie die zehn wichtigsten Urteile aus dem Arbeitsrecht zusammen gefasst.

 

Urteil 1 im Arbeitsrecht: Arbeitgeber muss Schulung in Präsenz bezahlen

Die Arbeitgeberin muss die Kosten für eine Schulung des Personalrates auch dann übernehmen, wenn ein günstigeres Webinar-Format verfügbar wäre. Das BAG entschied, dass die Luftverkehrsgesellschaft in NRW die Kosten für Unterbringung und Verpflegung tragen muss (BAG, Beschluss v. 07.02.2024, Az. 7 ABR 8/23). Zuvor hatte die Arbeitgeberin die Übernahme der Kosten verweigert, jedoch bereits in der Vorinstanz eingelenkt. Streit gab es vor dem BAG noch um 1.108,62 Euro für die Schulung von zwei neuen Personalratsmitgliedern.

Der Senat betonte, dass die Personalvertretung bei der Auswahl von Schulungen, einschließlich des Formats, einen bestimmten Spielraum hat, auch wenn Präsenzschulungen teurer sind als Webinare. Am 14.03.2024 haben wir dieses Urteil bereits auf unserem Blog zusammengefasst; schauen Sie dort gerne für eine ausführlichere Erklärung hinein!

 

Urteil 2: Der Beweiswert der Krankschreibung

Das BAG hat entschieden, dass Arbeitnehmende, welche kurz nach einer Kündigung mehrfach arbeitsunfähig werden, die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall riskieren. Der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann erschüttert werden, wenn Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist wiederholt krankgeschrieben sind und gleichzeitig berufliche Tätigkeiten ausführen. Dies entschied das BAG in seinem Urteil vom 18.09.2024 (Aktenzeichen 5 AZR 29/24). Entscheidend ist eine Gesamtschau aller Umstände, weshalb das BAG den Fall an das Landesarbeitsgericht (LAG) zurückverwies.

Bereits im Vorjahr hatte das BAG entschieden, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei passgenauer Krankschreibung zum Kündigungsfristende ebenfalls erschüttert werden kann (BAG, Urteil v. 13.12.2023, Az. 5 AZR 137/23).

 

Urteil 3 im Arbeitsrecht: Überstundenvergütung bei Teilzeit ab der ersten Stunde

Dieses Urteil haben wir erst kürzlich in unserem Beitrag vom 08.01.2025 aufgegriffen. Schauen Sie gerne auf unserem Blog auf der Website vorbei, um eine ausführliche Zusammenfassung des Urteils vom 05.12.2024 (Aktenzeichen 8 AZR 370/20) zu erhalten.

 

Urteil 4: Keine Entschädigung für männliche Bewerber auf Sekretärin Stelle

In diesem Fall klagte ein Mann vor dem BAG auf Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, nachdem er auf mehrere Stellenanzeigen für eine Bürokauffrau/Sekretärin abgelehnt wurde. Trotz der Ablehnung erhielt er keine Entschädigung. In einer Stellenausschreibung nur für ein Geschlecht liege in der Regel ein Verstoß gegen das AGG. Betroffene haben Anspruch auf Schadensersatz und Entschädigung, es sei denn, der Anspruch wird missbräuchlich geltend gemacht.

Da der Kläger in der Vergangenheit häufig Entschädigungen gefordert hatte, sah das BAG wie bereits das LAG Hamm einen Rechtsmissbrauch (Urteil v. 19.09.2024, Az. 8 AZR 21/24). Bereits am 23.05.2024 haben wir das Urteil des LAG Hamm (Urt. v. 05.12.2023 – 6 Sa 896/23) als Blogbeitrag auf unserer Website gepostet. Schauen Sie gerne bei uns vorbei!

 

Urteil 5 im Arbeitsrecht: Kein pauschaler Versand von Wahlunterlagen

In dem Beschluss des BAG vom 23.10.2024 (Aktenzeichen 7 ABR 34/23) ging es um die Versendung der Wahlunterlagen des VW-Wahlvorstandes. Noch in der Pandemie hatte dieser alle Unterlagen zur Betriebsratswahl an alle 26.000 Verwaltungsbeschäftigten versendet. Dies sah das BAG als zu weitgehend an. Der Wahlvorstand hätte prüfen müssen, ob die Beschäftigten im Wahlzeitraum nicht im Betrieb anwesend sind und dann eine Stimmabgabe vor Ort ermöglichen müssen.

Das BAG verwies den Fall ans LAG zurück. Die Wahlordnung regelt die Fälle, in denen Briefwahl zulässig ist, und Unterlagen sollten nur an sicher abwesende Wahlberechtigte, etwa bei mobiler Arbeit oder Kurzarbeit, gesendet werden. Das LAG muss noch klären, ob weitere Beschäftigte sicher abwesend waren. Fehlerhaft versendete Unterlagen könnten eine Anfechtung der Betriebsratswahl zur Folge haben.

 

Urteil 6: Kürzung des Urlaubs in Elternzeit nur bei Ankündigung

Das BAG entschied in seinem Urteil vom 16.04.2024, dass Arbeitgeber Urlaubsansprüche während der Elternzeit um ein Zwölftel pro Kalendermonat kürzen können. Dies gelte jedoch nicht automatisch so das Urteil (Aktenzeichen 9 AZR 165/23). Arbeitgeber müssen eine entsprechende Erklärung gemäß § 17 BEEG abgeben. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist eine Kürzung nicht mehr möglich. Im konkreten Fall erhielt eine Frau, die über Jahre in Elternzeit war, eine Abgeltung für ihre offenen Urlaubstage in Höhe von fast 25.000 Euro.

 

Urteil 7 im Arbeitsrecht: Entgeltfortzahlung in Quarantäne

Zum Thema Entgeltfortzahl in der Quarantäne hat das BAG in seinem Urteil vom 20.03.2024 (Aktenzeichen 5 AZR 234/23) ebenso etwas zu sagen. Arbeitgeber müssen ihren Beschäftigten den Lohn weiterbezahlen, wenn diese während der Corona-Pandemie aufgrund einer Quarantäne-Anordnung nach einem positiven Test nicht zur Arbeit kommen konnten. Gleiches gelte für die Fälle, bei denen keine Symptome vorliegen.

In diesem Fall hatte der Mann nur kurz Symptome, die Regelungen zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall griffen also zunächst. Auch nach dem Abklingen der Symptome blieb die Quarantäne-Anordnung bestehen, doch der Arbeitgeber verweigerte die Lohnfortzahlung. Das BAG entschied, dass eine Corona-Infektion auch ohne Symptome als Krankheit im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes gilt.

 

Urteil 8: Urlaub geht auch in Quarantäne

Ein Schlosser, der während der Quarantäne Urlaubstage verbringen musste, erhielt diese nicht gutgeschrieben. Das BAG entschied, dass der Mann während der Quarantäne zwar seine Wohnung nicht verlassen durfte, jedoch weiterhin die Möglichkeit hatte, sich zu erholen und Freizeit zu genießen. Da er nicht krank war, hinderten die Quarantäne-Maßnahmen nicht an der Erholung.

Das Gericht entschied, dass etwaige Nachteile durch das unvorhergesehene Ereignis nicht vom Arbeitgeber ausgeglichen werden mussten. Das BAG folgte dabei den Vorgaben des EuGH aus einer Vorlage des Arbeitsgerichts Ludwigshafen (EuGH, Urteil v. 14.12.2023, Az. C-206/22). Das Urteil des BAG erging am 28.05.2024 (Aktenzeichen 9 AZR 76/22).

 

Urteil 9 im Arbeitsrecht: Annahmeverzug bei Unterlassen anderer Beschäftigung

Arbeitnehmer dürfen während eines laufenden Kündigungsschutzprozesses keinen anderweitigen Verdienst böswillig unterlassen, so das BAG. Dies könne ihren Anspruch auf Annahmeverzugslohn reduzieren kann, selbst wenn sie im Prozess obsiegen. Ein solches Verhalten kann auch darin bestehen, dass sich ein Arbeitnehmer arbeitssuchend meldet und der Arbeitsagentur mitteilt, er werde keine Jobangebote annehmen und potenzielle Arbeitgeber über den Kündigungsschutzprozess informieren. Dies entschied das BAG in seinem Urteil vom 07.02.2024 (Aktenzeichen 5 AZR 117/23).

Im konkreten Fall führte der Kläger durch solche Äußerungen dazu, dass die Agentur für Arbeit ihm über ein Jahr lang keine Vermittlungsvorschläge machte. Das BAG verwies den Fall jedoch zurück, da nicht alle Umstände geklärt waren.

 

Urteil 10: Keine Abmahnung wegen Verweigerung der Corona-Impfung

Das BAG entschied, dass die Verweigerung einer Impfung eine persönliche Entscheidung ist, die für Beschäftigte ohne besondere Dienstpflichten nicht zu einer Abmahnung führen darf. Die Arbeitgeber müssen Abmahnungen in solchen Fällen aus der Personalakte entfernen. Gleichzeitig stellte das Gericht klar, dass gesetzliche Vorgaben für Arbeitgeber existieren und eine Freistellung von nicht geimpften Beschäftigten ohne Vergütung rechtmäßig ist (Urteil v. 19.06.2024, Az. 5 AZR 192/23).

 

Fazit

Das war unsere Zusammenfassung der 10 wichtigsten Urteile aus dem Jahr 2024. Wir hoffen Ihnen hat der Rückblick ins vergangene Jahr gefallen. Wenn Sie weitere Beiträge von uns lesen möchten, dann schauen Sie gerne bei uns im Blog auf der Website vorbei.

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Ansgar F. Dittmar

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht Mediator (DAA), Wirtschaftsmediator
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