Kein mündlicher Aufhebungsvertrag

Kann ein spontan mündlich ausgesprochener Aufhebungsvertrag rechtens sein? Diese Frage erläutern wir heute anhand des Urteils des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 22.01.2015 (Aktenzeichen 5 Sa 89/14).

 

Konflikte der Parteien

Streitpunkt des Falles war die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses und die Wirksamkeit einer arbeitgeberseitigen Kündigung zwischen den Parteien. Die Klägerin war seit 2003 bei der beklagten Agrargenossenschaft tätig. Zuletzt leitete sie die Abteilung Tierproduktion. Gleichzeitig wurde sie als Aufsichtsratsmitglied gewählt und war Genossin der Beklagten.

Im Jahr 2011 war die Milchproduktion rückläufig und entwickelte sich nicht zur Zufriedenheit der Beklagten. Auch interne Verbesserungsversuche haben keinen gewünschten Erfolg ergeben. Es folgte ein Termin mit einem externen Berater, welcher eine Besichtigung auf dem Gelände vornahm und einige Vorschläge zur Verbesserung äußerte.

Am selben Tag noch wurde eine Arbeitsberatung zur Auswertung seiner Vorschläge einberufen, bei der auch die Klägerin anwesend war. Bezüglich der Besprechung bestehen unterschiedliche Versionen über die Ereignisse und ihre Aussagen. Aus der Sitzung des nachfolgenden Tages ergab es einige Unstimmigkeiten zwischen der Klägerin und der Beklagten. Der Vorstand kam daraufhin zu dem Entschluss, dass die Vertrauensbasis für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin zerstört sei.

 

Mündlicher Vorschlag des Aufhebungsvertrages

An diesem Tag, dem 02.10.2013, fand ein weiteres Gespräch zwischen dem Vorstand und der Klägerin statt. Zu ihrer Überraschung wurde ihr mündlich der Abschluss eines Aufhebungsvertrages vorgeschlagen, da der Vorstand keine Basis mehr für eine weitere Zusammenarbeit sehe. Bezüglich des weiteren Gesprächs und der Formulierung des Aufhebungsvertrages besteht ebenso Uneinigkeit zwischen den Parteien. Unstreitig ist allein, dass ein Aufhebungsvertrag jedenfalls in Schriftform nicht existiert. Ihren Betriebsschlüssel musste die Klägerin am Ende des Gesprächs abgeben.

Kurz darauf schloss die Beklagte mit einem externen Dritten einen Arbeitsvertrag als Leiter der Tierproduktion. In den weiteren Verhandlungen sind diese beiden gemeinsam aufgetreten. Schließlich kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin am 21.10.2013 fristgemäß aus betriebsbedingten Gründen. Im Verlauf der Auseinandersetzungen gab es auch Konflikte in der Genossenschaftsversammlung, in der die Klägerin ihre Sicht der Ereignisse darlegte.

 

Aufhebungsvertrag

Was ein Aufhebungsvertrag ist und was genau man in diesem Fall tun sollte, haben wir bereits in einem Blog-Beitrag erklärt. Schauen Sie gerne bei uns auf der Website vorbei und informieren Sie sich über alles wichtige in unserer eigenen Kategorie “Aufhebungsvertrag”. Zu jedem unserer vier Beiträge gibt es ebenso ein YouTube Video; hereinschauen lohnt sich also!

 

Kündigung führt zur Klage

Nach der betriebsbedingten Kündigung erhob die Betroffene Klage beim Arbeitsgericht. Die Klägerin reiche die Klage gegen die Kündigung der Arbeitgeberin ein und verlangte zugleich die Weiterbeschäftigung im Agrarbetrieb. Es wurde durch das Arbeitsgericht Neubrandenburg festgestellt, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendete und es gegen die Zahlung einer Abfindung auflöste. Die Klägerin legte gegen dieses Urteil Berufung ein.

 

Urteil des LAG zum Aufhebungsvertrag

Aus Sicht des Gerichts war die Berufung der Beklagten unbegründet, da weder ein Aufhebungsvertrag noch eine Kündigung das Arbeitsverhältnis aufgelöst hatte. Die Berufung der Klägerin, die sich gegen die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses richtete, wurde hingegen für begründet gehalten.

Im Hinblick auf die Kündigungsschutzklage der Klägerin wurde festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch einen Aufhebungsvertrag beendet wurde. Insbesondere konnte der Aufhebungsvertrag vom 02.10.2013 nicht wirksam zustande kommen, da gemäß § 623 BGB für einen Aufhebungsvertrag die Schriftform erforderlich ist. Es gab keine schriftliche Urkunde mit den Unterschriften beider Parteien und auch mündliche Vereinbarungen konnten nicht als ausreichend angesehen werden. Das Fehlen einer solchen Urkunde und die Unklarheit bezüglich einer möglichen mündlichen Einigung führten dazu, dass der Aufhebungsvertrag als nicht wirksam erachtet wurde.

 

Schriftform für Schutz

Es wurde klargestellt, dass die Klägerin sich zu Recht auf das Schriftformerfordernis berufen konnte, da das Gesetz eine klare Regelung zum Schutz vor Übereilung und zur Sicherstellung von Rechtsklarheit und Beweisbarkeit vorsieht. Die Beklagte konnte sich nicht auf ein mündliches Einverständnis mit der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses berufen. Auch wenn die Beklagte von einer „dezidierten“ Forderung der Klägerin nach Weihnachtsgeld und einer Abfindung sprach, konnte dies nicht als Beweis für eine tatsächliche Einigung über den Aufhebungsvertrag gewertet werden.

Zusammenfassend war die Kündigungsschutzklage der Klägerin zulässig, da das Arbeitsverhältnis nicht durch einen Aufhebungsvertrag beendet wurde und die Kündigung vom 21.10.2013 somit rechtlich geprüft werden musste.

 

Fazit zum Aufhebungsvertrag

Dieses Urteil aus Mecklenburg-Vorpommern unterstreicht die Wichtigkeit der Einhaltung gesetzlicher Formvorschriften bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen. Hervorzuheben ist insbesondere der besondere Schutz der Arbeitnehmer vor übereilten und nicht hinreichend begründeten Kündigungen. Hiermit wird klar, dass gerade in schwierigen Situationen alle rechtlichen Rahmenbedingungen eingehalten werden müssen, um eine wirksame Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erreichen.

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Ansgar F. Dittmar

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht Mediator (DAA), Wirtschaftsmediator
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