Ist man ewig an den eigenen Arbeitgeber gebunden oder muss man die Fortbildungskosten in voller Höhe zurückzahlen? Was ist, wenn man früher aus dem Vertrag raus will? Besteht eine ewige Verbundenheit durch die Rückzahlungsklauseln bei Fortbildungskosten? Und welche Dauer gilt als angemessen?
Dies hat jüngst das Landesarbeitsgericht Niedersachsen entschieden. Das Urteil vom 05.06.2024, 8 Sa 562/23 schauen wir uns heute genauer an.
Sachverhalt zur Fortbildungskosten
In dem Fall aus Niedersachsen wurde von einer Arbeitnehmerin die Rückzahlung von Fortbildungskosten verlangt. Der Kläger war dabei das Land Niedersachsen als Träger der Universität. Bei dieser war die Arbeitnehmerin als Verwaltungsmitarbeiterin angestellt. Über einen Zeitraum von vier Semestern besuchte sie einen berufsbegleitenden Master-Studiengang zum Thema “Baurecht im Lebenszyklus von Bauwerken”.
Diesbezüglich wurde ein Fortbildungsvertrag zwischen den beiden Parteien geschlossen. Darin wurde ausdrücklich geregelt, wie vorgegangen wird, wenn innerhalb von 5 Jahren nach Beendigung des Studiengangs die Arbeitnehmerin ausscheidet. Ist ein Ausscheiden aus von ihr zu vertretenden Gründen gegeben, so verpflichtet sie sich zur Rückzahlung der finanzierten Studienbeiträge.
Kündigung des Arbeitsverhältnisses
Am 25.11.2021 hat die Arbeitnehmerin den Studiengang erfolgreich abgeschlossen. Die Studiengebühr betrug insgesamt 14.280 Euro. Jedoch hat die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis zum 30.09.2022 gekündigt.
Im Anschluss daran hat das Land von der Arbeitnehmerin Rückzahlung der Studienbeiträge, also der Fortbildungskosten, verlangt. Nach der Ansicht der Arbeitnehmerin bestehe kein Anspruch auf Rückzahlung der Studiengebühr. Der Klage wurde durch das Arbeitsgericht stattgegeben. Hierauf hat die Arbeitnehmerin jedoch Berufung eingelegt.
Ansicht des Landgerichts
Das Landgericht Niedersachsen hat entschieden, dass das Land keinen Anspruch auf Rückzahlung der Studienbeiträge beziehungsweise der Fortbildungskosten hat.
Bei diesem Fortbildungsvertrag handele es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB. Damit gelten auch die Regeln der §§ 306 ff. BGB. Aus § 306 BGB ist ein Verbot der „geltungserhaltenden Reduktion” herzuleiten, sodass eine zeitliche Bedingung gerade nicht möglich ist.
Durch die fünfjährige Bindungsdauer werde die Arbeitnehmerin unangemessen benachteiligt. Die Fortbildungsdauer ist im Verhältnis zu den aufgewendeten Mitteln und dem Vorteil der Arbeitnehmerin selbst, zu lang.
Dauer der Fortbildung
Es muss zwischen der Fortbildungs- und der Bindungsdauere ein angemessenes Verhältnis bestehen. Die Höhe der arbeitgeberseitigen Aufwendungen hänge wegen Vergütungsfortzahlung oder Gewährung von Unterhaltszuschuss nicht nur von der Dauer der Fortbildung nicht nur maßgeblich ab. Die Dauer der Fortbildung ist darüber hinaus auch ein starkes Indiz für den Wert der neu erworbenen Qualifikationen.
Verhältnis Lehrgangsdauer zu Bindung an Arbeitgeber
Bis zu 1 Monat höchstens 6 Monate
Bis zu 2 Monaten höchstens 1 Jahr
3-4 Monate höchstens 2 Jahre
6 Monate bis 1 Jahr nicht länger als 3 Jahre
Mehr als 2 Jahre 5 Jahre
Solche Grundsätze gelten jedoch nur für die Regelfälle, sodass eine kürzere Fortbildung auch eine längere Bindung an den Arbeitgeber im Einzelfall gerechtfertigt sein kann. Dies ist erst dann gegeben, wenn der Arbeitgeber erhebliche Mittel aufgewendet hat und gleichzeitig die Fortbildung dem Arbeitnehmer besondere Vorteile bringt. Gleiches gelte ebenso, bei geringerem Aufwand und geringeren Vorteilen entsprechend.
Entstehung der Fortbildungskosten
Während der Fortbildung wurde die Arbeitnehmerin an 50 Tagen freigestellt und gleichzeitig weiterbezahlt. Dies würde eine Bindungsdauer von einem Jahr an den Arbeitgeber rechtfertigen. Das Gericht hat die Argumente in diesem Fall gegeneinander abgewogen. Eine Bindungsdauer von zwei Jahren an den Arbeitgeber sieht das Gericht in diesem Fall als angemessen an. Die Arbeitnehmerin erhält in mehreren Punkten einen Vorteil. Zum einen wurde sie für 50 Tage freigestellt und trotzdem voll bezahlt. Zudem hat der Arbeitgeber die hohen Studiengebühren von 14.280 Euro übernommen. Und zum anderen hat sie mit dem Abschluss des Masterstudiums eine erhöhte Qualifikation erhalten.
Die vom Land Niedersachsen geforderte Frist von 5 Jahren sein unter keinen Umständen zulässig. Ist eine zu lange Bindungsdauer vereinbart, dann führe dies automatisch zur Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel. Folglich bestehe kein Anspruch auf Rückzahlung der Fortbildungskosten.
Fazit zu Fortbildungskosten
Sie sehen: Solche Rückzahlungsklauseln müssen detailliert festgehalten werden. Wichtig ist hierbei immer auf das angemessene Verhältnis von Lehrdauer und Vorteil für den Arbeitnehmer zu der Bindungsdauer zu beachten.
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