Entgelttransparenzrichtlinie & Gender Pay Gap

Am 8. März war der Internationaler Frauentag. Ein wichtiger Grund heute über das Thema der gleichen Bezahlung von Frau und Mann zu sprechen! Obwohl wir im 21. Jahrhundert leben und Männer und Frauen durch das Grundgesetz nach Art. 3 Abs. 2 GG seit vielen Jahrzehnten gleichberechtigt sind, verdienen Frauen noch immer nicht genau so viel wie Männer.

Was die Entgelttransparenzrichtlinie der Europäischen Union ist und wie Arbeitgeber die Stellung der Frau in Unternehmen verbessern können, erfahren Sie heute bei uns! Dafür schauen wir uns nicht nur die Entgelttransparenzrichtlinie der EU an. Wir werfen auch einen Blick in das Gender Pay Gap Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.02.2023 (Az. AZR 450/21).

 

Entgelttransparenzrichtlinie

Der Europäische Rat hat am 24.04.2023 eine neue Vorschrift zur Lohntransparenz angenommen. Die Entgelttransparenzrichtlinie zielt darauf ab, die Lohntransparenz zu erhöhen und die geschlechterspezifische Lohnungleichheit zu bekämpfen. Sie soll den Arbeitnehmerinnen ein besseres Verständnis ihrer Gehaltsstruktur vermitteln und ihre Rechte auf ein gleiches Entgelt stärken. Langfristige Ziele sind damit die Förderung von Gehaltsgerechtigkeit, die Bekämpfung für Lohndiskriminierung und die Verbesserung der Geschlechtergleichstellung am Arbeitsplatz. Diese Richtlinie gilt für alle Arbeiter im öffentlichen und privaten Sektor, unabhängig von der Unternehmensgröße.

 

Geltung für Deutschland

Auf nationaler Ebene muss die Richtlinie bis spätestens 7.06.2026 in nationales Recht umgesetzt werden. Dies erfordert eine Anpassung des sogenannten Entgelttransparenzgesetzes. Das Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen wird nun entsprechend den Vorgaben der Richtlinie modifiziert und soll die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern bei gleicher Arbeit stärker durchsetzen. Dabei umfasst es Maßnahmen wie individuelle Auskunftsansprüche und regelmäßige Überprüfungen von Entgeltstrukturen bei größeren Unternehmen.

 

Entgelttransparenzrichtlinie erweitert Entgelttransparenzgesetzes

Das nationale Entgelttransparenzgesetz zielt darauf ab, die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern zu verringern. Es wird nun an die Anforderungen der europäischen Entgelttransparenzrichtlinie angepasst. Damit soll eine gleiche Bezahlung von Frauen und Männern für die gleiche oder gleichwertige Arbeit gewährleistet werden.

Ein wesentliches Element dieses Gesetzes ist der Auskunftsanspruch für Arbeitnehmer bei großen Unternehmen. Hinzu kommt die regelmäßige Überprüfung von Entgeltstrukturen zur Sicherstellung der Gleichstellung. Ein wichtiges Element ist außerdem die Berichtspflicht über den Stand der Entgeltgleichheit für größere Arbeitgeber.

Die Europäische Richtlinie fordert nämlich weitergehende Maßnahmen und detaillierte Verpflichtungen von Arbeitgebern. Damit ist nun der deutsche Gesetzgeber in der Pflicht sein Entgelttransparenzgesetz dahingehend anzupassen.

 

Inhalt der Entgelttransparenzrichtlinie

Die Entgelttransparenzrichtlinie verfolgt das Ziel, Lohntransparenz zu erhöhen und Lohndiskriminierung zu verringern. Sie sieht vor, dass Arbeitnehmerinnen und Bewerberinnen Zugang zu Informationen über ihre Gehaltsstruktur und die durchschnittlichen Gehälter im Unternehmen haben. Dessen Ziel ist es, mögliche Ungleichheiten offenzulegen. Arbeitgeber sind verpflichtet, objektive, geschlechtsneutrale Kriterien zur Gehaltsfestlegung zu kommunizieren und Mitarbeitenden jährlich über ihr Auskunftsrecht zu informieren.

Arbeitgeber müssen Bewerberinnen zudem transparente Gehaltsinformationen bereitstellen, etwa in Form von Angaben zum Einstiegsgehalt in Stellenanzeigen oder Vorstellungsgesprächen. Die Richtlinie verbietet es, Bewerberinnen nach ihrer Entgeltentwicklung in früheren oder aktuellen Jobs zu befragen. Transparente Gehaltsangaben in Stellenanzeigen fördern nicht nur mehr Bewerbungen, sondern auch eine bessere Anpassung der Kandidaten zur Stelle. Zudem stärken sie das Employer Branding.

 

Berichterstattungen

Größere Unternehmen müssen regelmäßig Berichte über das geschlechtsspezifische Lohngefälle erstellen und an die zuständige Behörde senden. Die Fristen für die Berichterstattung variieren je nach Unternehmensgröße. Ab 250 Mitarbeitern müssen Unternehmen bis zum 7. Juni 2027 berichten, danach jährlich. Bei 150 bis 249 Mitarbeitern ist die erste Berichterstattung bis zum 7. Juni 2027 fällig, gefolgt von Berichten alle 3 Jahre. Unternehmen mit 100 bis 149 Mitarbeitern haben hingegen bis 2031 Zeit, sie müssen danach ebenfalls alle 3 Jahre berichten. In Unternehmen mit weniger als 100 Mitarbeitern kommt es auf die nationale Gesetzgebung im Einzelfall an. Bei einem Lohngefälle von mindestens 5% muss eine gemeinsame Entgeltbewertung mit dem Betriebsrat erfolgen.

Arbeitgeber sind verpflichtet, Maßnahmen zur Gewährleistung gleicher Bezahlung für gleichwertige Arbeit zu ergreifen, beispielsweise durch die Anpassungen der Gehaltsstrukturen oder interne Analysen. Gehälter von gleichwertigen Positionen müssen vergleichbar sein und Unternehmen sollen transparente, geschlechtsneutrale Kriterien verwenden.

 

Durchsetzungsmechanismen

Zudem sieht die Richtlinie Stärkungen der Durchsetzungsmechanismen vor, wie Schadensersatzansprüche, Sanktionen und eine geänderte Beweislast. Diese liegt nun bei dem Arbeitgeber. Ziel der Regelungen ist die Erleichterung der rechtlichen Verfolgung von Verstößen. Unternehmen sollten daher frühzeitig Maßnahmen zur Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie ergreifen, um rechtliche Risiken zu vermeiden und als Vorreiter in Sachen Gehaltstransparenz zu agieren.

 

Equal Pay Urteil

Im Hinblick auf die unterschiedlichen Gehälter von Mann und Frau ist besonders das Equal Pay Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.02.2023 (Az. 8 AZR 450/21) interessant. Dieses macht deutlich, dass Männer und Frauen auch dann den gleichen Lohn für gleiche Arbeit erhalten müssen, wenn der männliche Kollege die monatliche Bezahlung besser verhandelt hat.

 

Sachverhalt

Anfang 2017 hat die beklagte Arbeitgeberin einen Außendienstmitarbeiter eingestellt. Ihm wurde in dem Bewerbungsverhandlungen ein monatliches Grundgehalt von 3.400 Euro angeboten. Durch sein Aushandeln kam der neue Mitarbeiter am Ende auf ein höheres Grundgehalt in Höhe von 4.500 Euro monatlich. Erst etwas später wurde der Hausvertrag des Unternehmens auf seinen Arbeitsvertrag angewendet. Die Arbeitgeberin hat dem Kläger ab Juli 2018 ein Grundgehalt von 4.000 Euro gezahlt. Zur Begründung führte sie auf, dass der Arbeitnehmer einer ausgeschiedenen, besser vergüteten Vertriebsmitarbeiterin nachgefolgt sei. Die Arbeitgeberin zahlte dem Arbeitnehmer ab August 2018 dann ein tarifvertragliches Grundentgelt von 4.120 Euro.

Zwei Monate nach der Einstellung des männlichen Kollegen wurde die Klägerin ebenfalls als Außendienstmitarbeiterin eingestellt. Ihr Grundentgelt belief sich zunächst auf 3.500 Euro. Wie bei ihrem Kollegen, richtete sich die Vergütung im Nachhinein nach einem Haustarifvertrag. Ab August 2018 hat die Arbeitgeberin ihr auf dieser Grundlage ein Grundentgelt in Höhe von lediglich 3.620 Euro gezahlt.

 

Klage der Mitarbeiterin

Aufgrund der hohen Differenz zwischen den beiden Gehältern verklagte die Arbeitnehmerin ihre Arbeitgeberin. In ihrer Klage forderte sie die Zahlung rückständiger Vergütung für die jeweiligen Monate in verschiedenen Höhen. Dies folgte daraus, dass sie die gleiche Arbeit wie ihr männlicher Kollege verrichtete. Aufgrund der Geschlechterbenachteiligung beim Entgelt schulde die Beklagte ihr eine angemessene Entschädigung von mindestens 6.000 Euro. Alle Vorinstanzen haben ihre Klage jedoch abgewiesen.

 

Entscheidung des BAG

Tatsächlich hat das Bundesarbeitsgericht ihr die begehrte Differenzzahlung mitsamt einer Entschädigung von 2.000 Euro zugesprochen.

Die geringere Bezahlung der Mitarbeiterin sah das BAG als einen Verstoß gegen das Verbot der Entgeltbenachteiligung wegen des Geschlechts an, vgl. § 3 Abs. 1 EntgTranspG und § 7 EntgTranspG. Die Klägerin werde aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt, weil ihr die Arbeitgeberin ein niedriges Grundentgelt gezahlt hat als ihrem männlichen Kollegen. Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer hatten jedoch immer die gleiche Arbeit verrichtet. Dies begründe zudem die Vermutung, dass nach § 22 AGG die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist.

 

Folge aus dem Urteil zur Entgeltgleichheit

Dieses Urteil kann nur Auswirkungen auf die Konstellationen haben, in denen beide verschiedenen biologischen Geschlechter vertreten sind. Das bessere Verhandlungsgeschick von Männern soll sich keineswegs negativ auf das Gehalt ihrer gleicharbeitenden Kolleginnen auswirken. Gute Verhandlungen der männlichen Kollegen sollen demnach auch gerade den weiblichen Arbeitnehmern zugutekommen.

 

Mögliche Benachteiligung nur bei Frauen?

Dieses Urteil lässt den Eindruck entstehen, dass Frauen bei Gehaltsverhandlungen zurückhaltender sind als Männer. Ob dies auch in Wirklichkeit einschlägig ist, ist nicht bewiesen. Anders ließe sich die vom BAG angenommene Indizwirkung nach § 22 AGG aber überhaupt nicht erklären. Also würden hiermit Frauen hinsichtlich der Gehaltshöhe benachteilig werden.

 

Fazit zur Entgelttransparenzrichtlinie & Gender Pay Gap

Durch die Entgelttransparenzrichtlinie des Europäischen Rates ist der deutsche Gesetzgeber nun in der Pflicht sein eigenes Entgelttransparenzgesetz anzupassen. Es wird sich also in den nächsten Jahren einiges zur gleichen Bezahlung von Mann und Frau ins positive entwickeln.

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Ansgar F. Dittmar

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht Mediator (DAA), Wirtschaftsmediator
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