Duschen gleich Arbeitszeit oder nicht?

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Gilt das Duschen auf der Arbeit eigentlich als Arbeitszeit? Und kann ich damit für das Duschen bezahlt werden? Spannende Fragen finden Sie nicht? Die Antwort finden wir im Urteil des Bundesarbeitsgerichts (23.04.2024, 5 AZR 212/23).

 

Sachverhalt

Zuerst schauen wir uns gemeinsam diesen interessanten Fall an. Der Kläger war seit 2009 als Containermechaniker bei der Beklagten beschäftigt. In sein Aufgabenbereich zu dem “In-Ordnung-Bringen“ von Containern zählte das Abschleifen schadhafter Stellen und das Nachlackieren von Containern. Nachdem er auf der Arbeit ankommt, zieht er sich zuerst im Umkleideraum die bereitgestellte Schutzkleidung an. Erst danach loggt er sich am Zeiterfassungsterminal der Arbeitgeberin ein. Obwohl er ordnungsgemäß seine Schutzkleidung trägt, wird er häufig schmutzig. Im Anschluss an seine Tätigkeit zieht der Arbeitnehmer die Schutzkleidung im Umkleideraum aus und duscht oder wäscht sich.

In seinem Fall dürfen die Vor- und Nachbereitungen, also das Umziehen, Waschen oder Duschen, nicht als Arbeitszeit erfasst werden. Eine Schande finden Sie etwa nicht?

 

Klage über Arbeitszeit

Der Arbeitnehmer war über diese Regel der Arbeitgeberin sehr empört. Er hat Klage erhoben und forderte zusätzliche Vergütung für alle Wege-, Umkleide- und Körperreinigungszeiten. An einem Tag kommen bei ihm dadurch nämlich etwa 55 Minuten zusammen.

 

Entscheidung des Gerichts

Am 06.06.2023 hat das LAG Nürnberg entschieden, dass dem Kläger eine zusätzliche Vergütung für diese Tätigkeiten von 21 Minuten zustehen. Dagegen legten der Kläger und die Beklagte noch Revision ein. Im weiteren Verlauf hat es dem BAG jedoch an konkreten Tatsachen durch das LAG gefehlt. Das BAG hat das Urteil aufgehoben und die Sache an das LAG zurückverwiesen.

 

Die Gründe

Nach der Ansicht des BAG kommt gem. § 611 a Abs. 2 BGB eine zusätzliche Vergütung der genannten Tätigkeiten dem Grunde nach in Betracht. Bei dem An- und Ausziehen der von der Arbeitgeberin vorgeschriebenen und bereitgestellten Schutzkleidung handelt es sich auf jeden Fall um eine vergütungspflichtige Arbeitszeit. Genauso sieht es bei der Wegezeit in dem Betrieb der Arbeitgeberin vom Arbeitsplatz zur Umkleide und andersherum aus. Diese seien nämlich gerade ausschließlich fremdnützig und im Interesse der Arbeitgeberin.

Bei den Zeiten für die Körperreinigung sieht es nicht ganz so eindeutig aus. Diese sind gerade erst vergütungspflichtige Arbeitszeiten, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Tätigkeit und der Körperreinigung besteht. Dies ist beispielsweise dann gegeben, wenn die Körperreinigung durch eine arbeitsschutzrechtliche Hygienevorschrift der Arbeitgeberin vorgeschrieben ist.

Darüber hinaus ist eine Waschzeit auch dann vergütungspflichtig, wenn sich der Arbeitnehmer in einem besonderen Maß durch die Arbeit verschmutzt hat. Es muss eine solch gravierende Verschmutzung vorliegen, dass ihm nicht zugemutet werden kann, den Nachhauseweg anzutreten, ohne sich vorher zu reinigen. Ihm muss also nicht zugemutet werden, seine eigenen Klamotten oder sogar sein Fahrzeug durch die Körperverschmutzung zu beflecken.

 

Bei der Arbeitszeit ist Vorsicht geboten

In jedem Fall müsste hier genau abgewogen werden. Nicht bei jeder geringen Verschmutzung oder Verunreinigung ist eine Körperreinigung angebracht und das Duschen damit eine vergütungspflichtige Arbeitszeit. Die Reinigung des Körpers darf nicht eigennützig sein. Normale Verunreinigungen wie Dreck oder Flecken müssen Arbeitnehmer akzeptieren. Auch wenn man selbst von der Arbeit geschwitzt hat, muss dies bei normalem Ausmaß akzeptiert werden. Eine zusätzliche Dusche ist gerade nicht gerechtfertigt und stellt somit keine zusätzliche Vergütung in Anspruch. Diese Beispiele sind lediglich zur Befriedigung privater Bedürfnisse und müssen nicht von Arbeitgebern geduldet werden.

 

Nachprüfung durch LAG

Jetzt ist es an der Aufgabe des LAG Nürnberg nachzuprüfen. Fraglich ist, ob die Verschmutzung durch die Arbeit derart gravierend ist, dass zusätzliche Körperreinigung zur vergüteten Arbeitszeit des Klägers zählt. Wird dies bejaht, so muss außerdem geklärt werden, ob bloßes Waschen ausreicht. Oder im Fall einer starken Verschmutzung nicht sogar auch eine Dusche essenziell ist und diese auch vergütet werden muss.

Um weitere Streitigkeiten aus dem Weg zu räumen, müsste die Dauer der Körperpflege festgesetzt werden.

 

Fazit zur Arbeitszeit

Das BAG bestätigt die bestehende Rechtsprechung. Die Zeit für das Umziehen und den Weg von der Umkleide zum Arbeitsplatz gehört zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit.

Bei der Körperreinigung kommt es im Einzelfall auf Art und Umfang der Tätigkeit, sowie Art der Verschmutzung an. In gravierenden Fällen kann Duschen sehr wohl zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit zählen.

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Kategorie

Allgemein | Arbeitsrecht allgemein | Arbeitszeit
23. Oktober 2024

Ansgar F. Dittmar

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht Mediator (DAA), Wirtschaftsmediator
Tel.: +49(0)69-2097378-0
Fax.: +49(0)69-2097378-10
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