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Am 23. Februar 2025 findet in Deutschland die vorgezogene Bundestagswahl statt. Unklar in diesem Bezug ist häufig, inwieweit sich die Betriebsräte politisch äußern dürfen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob Betriebsräte auch zum Wählen aufrufen dürfen. In unserem heutigen Beitrag klären wir Sie auf, was genau erlaubt ist und was nicht.
Reichweite der Meinungsfreiheit der Betriebsräte
Um herauszufinden, welche Äußerungen der Betriebsräte erlaubt sind und welche nicht, müssen wir beide Seiten der Medaille betrachten. Auf der einen Seite steht ganz klar die Meinungsfreit, welche grundgesetzlichen Schutz in Art. 5 GG genießt. Als legitimes Gremium kann sich der Betriebsrat tatsächlich auf die Meinungsfreiheit berufen. Auf der anderen Seite hingegen stellen Beleidigungen jeglicher Art eine grobe Pflichtverletzung nach § 23 Abs. 1 S. 1 BetrVG dar. Im schlimmsten Fall können diese sogar strafrechtliche Konsequenzen für die Beteiligten mit sich ziehen.
Erlaubnis für Wahlwerbung
Die Arbeitgeber in Deutschland dürfen eine politische Meinung haben und sie auch in ihrem Betrieb äußern. Eine politische Neutralität wird ihnen nicht vorgegeben. Fest steht auf jeden Fall, dass Arbeitgeber für ihre eigenen Werte einstehen und diese kundgeben können. Mit der Äußerung ihrer Werte können sie in ihren Betrieben zur Wahl aufrufen. Eine konkrete Äußerung der Wahlwerbung und dem Verbreiten ist ihnen nämlich grundsätzlich gestattet.
Was auf jeden Fall verboten ist, ist es den Mitarbeitern Konsequenzen für ein bestimmtes Wahlverhalten anzukündigen. Eine Bestechung von Mitarbeitern für das Wählen einer bestimmten Partei ist ebenso inakzeptabel.
Ausnahmen für öffentlichen Arbeitgebern
Vorsicht ist jedoch allemal für öffentlichen Arbeitgeber geboten! Diese haben die Pflicht zur Neutralität und dürfen sich gerade nicht politisch äußern. Ihnen ist es ebenso untersagt, Wahlempfehlungen auszugeben und Wahlhinweise an die Belegschaft zu verteilen.
Angestellte im öffentlichen Dienst unterliegen strengeren Regeln als solche in der Privatwirtschaft. Ihre politische Betätigung kann schneller arbeitsrechtliche Konsequenzen wie eine Kündigung nach sich ziehen, insbesondere wenn sie die Treuepflicht verletzen. Ebenso kann ihr Verhalten als ungeeignet für den öffentlichen Dienst gelten. Auch das Verhalten außerhalb des Dienstes kann zu einer Kündigung führen. Betriebsratsmitglieder haben nämlich Einfluss auf das politische Meinungsbild im Unternehmen. Sie dürfen ebenso keine Grenzen überschreiten, wenn sie Plattformen wie Betriebsversammlungen oder Rundmails nutzen.
Parteipolitische Neutralitätspflicht für Betriebsräte
Betriebsratsmitglieder müssen in ihrer Amtsfunktion parteipolitische Neutralität wahren. Dies bedeutet, dass sie sich nicht für oder gegen Parteien oder Kandidaten positionieren dürfen. Allgemeinpolitische Äußerungen, wie zu Klima- oder Umweltschutz sind hingegen erlaubt. Voraussetzung hierfür ist lediglich, dass sie den Betriebsfrieden nicht gefährden. Konflikte können vermieden werden, wenn Arbeitgeber und Betriebsrat eine Neutralitätsvereinbarung treffen.
Ein Beispielfall
Im Jahr 2010 haben die Beteiligten über die Berechtigung des Betriebsrats zur Kundgabe politischer Äußerungen in einem Betrieb gestritten. Das Unternehmen gehörte einem amerikanischen Konzern an, welcher Rüstungsgüter produziert hat. Die Arbeitgeberin hat Bremsbeläge für Pkw, Lkw und Schienenfahrzeuge hergestellt.
Ereignisse im Jahr 2003 und 2007
Ihr Betriebsrat hat einen von dem Europäischen Betriebsrat vorgefassten politischen Aufruf veröffentlicht. Dieser war mit “Nein zum Krieg” überschreiben und richtete sich an alle Mitarbeiter der europäischen Standorte. Der Europäische Betriebsrat rief zur Widersetzung gegen den Irak-Krieg auf und forderte den Präsidenten der Vereinigten Staaten dazu auf, den Krieg zu beenden.
Eine Woche später hat die Arbeitgeberin schriftlich dazu aufgefordert, die Bekanntmachung aus dem gesamten Betrieb zu entfernen. Zudem sollte er für die Zukunft Erklärungen ähnlichen oder gleichen Inhalts unterlassen. Am darauffolgenden Tag hat der Betriebsrat jedoch erneut dazu aufgerufen und diesen Zettel wieder ausgehängt.
Im Oktober 2007 rief der Betriebsrat die Arbeitnehmer dazu auf, sich an einer Abstimmung in Hamburg zu beteiligen. Durch einen Verweis auf eine Verlautbarung des Deutschen Gewerkschaftsbundes wurde indirekt eine Empfehlung zur Wahl abgegeben. Der Betriebsrat regte dazu an, bei der Abstimmung mit “Ja” zu stimmen.
Klage der Arbeitgeberin gegen Betriebsräte
Die Arbeitgeberin war mit den Handlungen des Betriebsrates nicht einverstanden und zog daraufhin vor das Arbeitsgericht. Ihr Ziel war es dem Betriebsrat die Unterlassung politischer Äußerungen im Irak-Krieg und allen anderen Kriegen zu untersagen. Ebenso wollte sie eine Unterlassung von Wahlkampfempfehlungen erreichen.
In der ersten Instanz gab das Arbeitsgericht Lübeck dem Arbeitgeber in beiden Streitfragen Recht. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein war jedoch der Ansicht, dass zumindest die Stellungnahme bezüglich des Irak-Kriegs zulässig war. Begründung hierfür war, dass aufgrund der Zugehörigkeit zu einem amerikanischen Rüstungshersteller einen “betrieblichen Bezug” bestanden hatte.
Unterscheidung parteipolitischer und allgemeinpolitischer Betätigung
Tatsächlich hat das BAG in seinem Urteil noch weitreichender zugunsten des Betriebsrats entschieden. Ihm wurde in allen Punkten Recht gegeben. Die gesamten Anträge der Arbeitgeberin wurden zurückgewiesen. Bei einigen Teilen der Anträge kam das BAG zu einer überraschenden Grundsatzüberlegung.
Von vornherein sollen Verstöße des Betriebsrats gegen das Verbot der parteipolitischen Betätigung keinen Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers begründen. Das BAG hat damit seine bisherige Rechtsprechung geändert. Grund hierfür ist die Vermögenslosigkeit des Betriebsrats, welche der Vollstreckung eines Unterlassungstitels im Wege der Zwangsgeldfestsetzung entgegenstehen.
Die Anträge, über Feststellung der fehlenden Berechtigung der umstrittenen Äußerung des Betriebsrats, wurden ebenso als unbegründet zurückgewiesen. Das BAG konnte keine verbotene parteipolitische Betätigung erkennen. In der Tat hat das BAG darüber nachgedacht, das seine bisherige sehr weitreichende Auslegung des Begriffs im Hinblick auf die Meinungsfreiheit zu ändern. Unglücklicherweise ist hier das BAG einer umfassenden Klärung der Grundsatzfrage ausgewichen. Es hat lediglich einen Punkt klargestellt. Und zwar, dass nicht jede Äußerung allgemein politischen Inhalts auch als eine “parteipolitische” Äußerung zu bewerten ist. Aus diesem Grund war gerade der Aufruf der Beteiligung an der Volksabstimmung in Hamburg zulässig.
Zusammenfassung der politischen Äußerung
Der Unterschied zwischen einer generell verbotenen parteipolitischen Betätigung und einer allgemeinpolitischen Betätigung wurde in diesem Urteil festgesetzt. Diese sind nur unter den Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 S. 2 BetrVG unzulässig. Damit wird wieder enger an den Gesetzeswortlaut herangegangen. Es ist somit anzunehmen, dass das BAG in Zukunft deutlicher zwischen verschiedenen Politikfeldern unterscheiden wird. Gleichzeitig wird die Meinungsfreiheit des Betriebsrats weniger stark beschränkt.
In Zukunft wird das BAG wohl nur noch die Äußerungen als “parteipolitisch” bewerten, die einen eindeutigen Bezug zu politischen Parteien haben. Diese Festlegung stärkt damit klar die Meinungsfreiheit von Betriebsratsmitgliedern.
Fazit für Betriebsräte
Fest steht: Die Betriebsräte in Deutschland dürfen sich ganz allgemein politisch äußern. Für die anstehende Bundestagswahl am 23. Februar dürfen die Betriebsräte also zur Wahl aufrufen. Eine Wahlbestechung oder -beeinflussung ist jedoch ebenso untersagt wie die Androhung mit Konsequenzen für eine andere Wahl als vom Betriebsrat oder Arbeitgeber vorgegeben.
Sie sehen, nur weil ein Urteil älter ist, verliert es noch lange nicht an seiner Bedeutung und seinen aktuellen politischen Bezug. Gerade in aktuellen Zeiten sind die freie Meinungsäußerung und ein konstruktiver Austausch elementar.
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