Schadensersatzanspruch bei Nichtbeschäftigung

Hat ein Eishockeyspieler einen Schadensersatzanspruch bei Nichtbeschäftigung?

Wir schreiben das Jahr 2020. Das Jahr, indem Corona die Welt erschüttert hat. Das Jahr, indem medizinisch und arbeitsrechtlich neue Herausforderungen auf die Bürgerinnen und Bürger eingeprasselt haben. Solch eine Pandemie wie in diesem Jahr haben die meisten von uns noch nie erlebt. Verständlicherweise kam es bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu Unsicherheiten und Herausforderungen. 

Zu Herausforderungen und Unsicherheiten kam es auch in unserem heutigen Beitrag. Wir erläutern das Urteil des BAG vom 29.02.2024 – 8 AZR 359/22. In diesem Fall hoffte der Eishockeyspieler auf einen Schadensersatzanspruch wegen der Nichtbeschäftigung bei seinem Eishockeyverein.

 

Sachverhalt

Der Kläger war seit der Saison 2017/18 als Profi für Eishockey in der Deutschen Eishockey Liga 2 beschäftigt. Seine monatliche Bruttovergütung betrug etwa 6.400 Euro. Während der Corona Pandemie im Juni 2020 hat die Beklagte dem klagenden Eishockeyspieler eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen. Zur selben Zeit hat sie ihm angeboten, das Arbeitsverhältnis mit einer verringerten Vergütung fortzusetzen. Durch die Corona-Pandemie haben die Vereine in Deutschland geringere Einnahmen erhalten. Der Eishockeyspieler hat das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung der Änderung der Arbeitsbedingungen angenommen. Gleichzeitig erhob er eine Änderungsschutzklage und hoffte auf einen Schadensersatzanspruch.

 

Ziel: Schadensersatzanspruch

Die Kündigungsschutzklage war erfolgreich. Tatsächlich war der Kläger jedoch für eine gewisse Zeit daran gehindert, am Mannschaftstraining und am Spielbetrieb teilzunehmen. Durch die Weigerung der Beklagten ihn zu beschäftigen, war der Eishockeyspieler überzeugt einen Schadensersatzanspruch zu haben.

Aufgrund der unterbliebenen Beschäftigung sei dem Spieler ein Schaden in seinem beruflichen Fortkommen entstanden. Dieser Schaden sollte nach seiner Ansicht nach den von der Rechtsprechung für Bühnenkünstler entwickelten Grundsätzen bemessen werden. Diese Grundsätze sollen seiner Meinung nach auf Profisportler übertragbar sein. Durch die Corona Pandemie und dem Ausfall von Trainings und Spielen, konnte er sich nicht weiterentwickeln und im Mannschafstraining nicht verbessern. Aufgrund dessen habe seine berufliche Fertigkeit und sein Marktwert gelitten. Um den Marktwert von Profisportlern beizubehalten oder gar zu verbessern, bedarf es der ständigen Trainingspraxis.

Grund für die Suspendierung war ausschließlich gewesen, dass der Spieler die Entgeltkürzung infolge der Corona Pandemie nicht akzeptiert hat. Der Schaden sei nach den von der Rechtsprechung für Bühnenkünstler entwickelten Rechtsgrundsätzen pauschal mit sechs Bruttomonatsvergütungen zu bemessen.

Tatsächlich hat das Arbeitsgericht den Schadensersatz teilweise stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht wies die vom Kläger geführte Berufung zurück. Beim Bundesarbeitsgericht hat die Revision keinen Erfolg gehabt.

 

Gründe

Das LAG hat erkannt, dass die Beklagte eine obliegende Pflicht i.S.v. § 280 Abs. 1 S. 1 BGB aus dem Arbeitsverhältnis verletzt hat. Dabei handelt es sich um die Pflicht den Arbeitnehmer entsprechend seinem Arbeitsvertrag zu beschäftigen. Jedoch hat der Kläger keinen Anspruch auf weiteren Schadensersatz gegen die Beklagte. Grund dafür ist die nicht ausreichende Begründung, dass ihm infolge der Beschäftigungspflicht ein Schaden i.S.d. §§ 249 ff. BGB entstanden ist.

Nach Ansicht des BAG hat das LAG seine Entscheidung aufgrund eines unrichtigen Maßstabs gelegt. Tatsächlich hat die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit in jahrzehntelanger Praxis Maßstäbe für eine angemessene Schätzung nach § 287 ZPO entwickelt. Ist der Künstler für einen bestimmten Zeitraum nicht beschäftigt, dann wird nach der Rechtsprechung des BAG ein Schadensbetrag von bis zu sechs Monatsgagen festgesetzt. Jedoch handelt es sich hierbei um eine Maßnahme, welche gerade auf die besondere und einzigartige Situation von Bühnenkünstlern zugeschnitten wurde. Diese pauschalisierte Anwendung von § 287 ZPO kann gerade nicht auf professionelle Mannschaftssportler übertragen werden. Zwischen Bühnenkünstlern und Mannschaftssportlern bestehen derartige Unterschiede, dass eine Übertragung dieser Rechtsprechung nicht möglich ist.

 

Schätzung des Schadens

Um einen Schaden nach den Maßstäben der abgelehnten Rechtsprechung zu bestimmen, bedarf es greifbarer Anknüpfungstatsachen. Der Eishockeyspieler hat keine greifbaren Anknüpfungstatsachen, die eine Schätzung des Schadens nach § 287 ZPO ermöglichen, vorgebracht.

Die Sache soll nicht an das LAG zurückgewiesen werden. Stattdessen solle dem Kläger Gelegenheit gegeben werden, hierzu weiter vorzutragen. Der Kläger hätte selbst in Betracht ziehen können, dass eine Übertragung der Rechtsprechung für Bühnenkünstler auf Profimannschaftssportler abgelehnt wird. Ihm hätte selbst auffallen können, dass für eine Schadensschätzung nach § 287 ZPO nähere Anhaltspunkte erforderlich sein könnten.

 

Fazit zum Schadensersatzanspruch

Eine grundsätzliche Übertragung von Rechtsprechung eines anderen Bereiches auf den eigenen ist selten durchsetzbar. Der Eishockeyspieler hatte somit keinen Grund dafür die Bühnenschiedsgerichtsbarkeit von Bühnenkünstlern auf seinen Fall anzuwenden.

Dieser Fall zeigt, dass Sie immer vorsichtig sein müssen, welche thematisch fremden Maßstäbe Sie als Argument hervorbringen möchten. Um Ihre eigenen Erfolgsaussichten in einem Fall zu erhöhen, kontaktieren Sie einen Fachanwalt und lassen sich unterstützen. Nur mit fachlicher Expertise kann eine Klage vor Gericht professioneller und aussichtsreicher sein. Unser Team berät Sie gerne bei arbeitsrechtlichen Problemen und steht Ihnen immer zur Seite. Über unsere Online-Terminvereinbarung können Sie bequem einen Termin mit unseren Experten vereinbaren. Auf unserer Website finden Sie unseren Blog mit vielen weiteren Beiträgen rund um das Arbeitsrecht.

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Kategorie

Allgemein | Arbeitsvertrag | Kündigung
30. August 2024

Ansgar F. Dittmar

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht Mediator (DAA), Wirtschaftsmediator
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