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Schreibt Ihnen ihr Arbeitgeber auch manchmal in Ihrer Freizeit SMS beispielsweise mit Dienstplanänderungen? Muss man darauf außerhalb der Arbeitszeit reagieren oder kann man die getrost bis Dienstbeginn ignorieren?

Wie ist das mit der Freizeit und wie ist sie definiert, muss ich währenddessen für den Arbeitgeber für kurzfristige Schichtplanänderungen erreichbar sein oder ist Freizeit nur zu Ihrer freuen Verfügung.

Mit eben dieser Frage hat sich das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein beschäftigt.

Sachverhalt

Konkret ging es hier um einen Notfallsanitäter, der für den Rettungsdienst tätig war. Kurzfristig kam es zu einer Dienstplanänderung und er sollte einen anderen Dienst am nachfolgenden Tag wahrnehmen, der früher beginnt.

Am Vortag wurde der Kläger in der Mittagszeit in eine neue Schicht eingeplant. Der Arbeitgeber versuchte den Kläger telefonisch zu erreichen und schickte ihm sodann noch eine SMS. Zu Dienstbeginn um 6:00 Uhr morgens erschien der Kläger am Tag darauf nicht. Es folgte eine Ermahnung.

Ähnliches wiederholte sich wenige Monate später: auch diesmal hatte der Arbeitgeber kurzfristig eine Veränderung des Schichtplans vorgenommen und erreichte den Kläger telefonisch nicht. Auf die folgende SMS reagierte er ebenfalls nicht und fehlte dann am nächsten Morgen aufgrund der fehlenden Kenntnis der vorgenommenen Änderungen. Diesmal wurde er allerdings nach erfolgter einschlägiger Ermahnung wegen des erneuten Fehlens abgemahnt.

Gegen diese Abmahnung und damit einhergehenden Kürzungen im Arbeitszeitkonto hatte er sich im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens gewährt und zunächst vor dem zuständigen Arbeitsgericht verloren. Das sah in dem Verhalten des Arbeitgebers keine Fehler, insbesondere im Hinblick auf die Kurzfristigkeit der Dienstplanänderung.

Das ließ der Kläger nicht auf sich sitzen und war schließlich vor der nächsten Instanz erfolgreich.

Urteil Landesarbeitsgericht Schleswig- Holstein

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27.09.2022 – 1 Sa 39 öD/22) sah in der kurzfristigen Einsatzplanung einen Fehler des Arbeitgebers und gab damit dem Kläger Recht, die Abmahnung musste aus der Personalakte entfernt werden.

Das Gericht führt aus, das mit der Kenntnisnahme der Dienstplanänderungen eben erst zu dem ursprünglich geplanten Dienstbeginn und damit nach 6 Uhr morgens ausgegangen werden konnte. Der Kläger sei gerade nicht verpflichtet während seiner Freizeit eine dienstliche SMS aufzurufen, um sich über seine in der Zwischenzeit geänderte Arbeitszeit zu informieren und damit zugleich seine Freizeit zu unterbrechen. Denn bei dem Lesen einer solchen Nachricht handele es sich, um Arbeitszeit, weil der Arbeitgeber mit der Änderung der Zeit und des Orts der zu verrichtenden Arbeit sein Direktionsrecht wahrnimmt.

Das Gericht räumt ein, dass einem Arbeitnehmer in seiner Freizeit ein Recht auf Unerreichbarkeit zusteht.

Diese Freizeit würde sich gerade dadurch auszeichnen, nicht dem Arbeitgeber zur Verfügung zu stehen müssen und selbstbestimmt entscheiden zu können. In dieser Zeit wird ein Arbeitnehmer gerade nicht fremdnützig tätig und ist nicht Bestandteil einer fremdbestimmten arbeitsrechtlichen Organisationseinheit. Und man könne in der Freizeit eben machen, was man wolle, dazu gehöre auch die Entscheidung in Bezug auf alle dienstlichen Angelegenheiten unerreichbar zu sein. Es sagt weiter wörtlich:

„Es gehört zu den vornehmsten Persönlichkeitsrechten, dass ein Mensch selbst entscheidet, für wen er/sie in dieser Zeit erreichbar sein will oder nicht“ .

Es geht neben dem Gesundheitsschutz dabei auch um die Wahrung des Persönlichkeitsrechts. Daher ist davon auszugehen, dass eine Pflicht zur Kenntnisnahme erst ab 7:30 Uhr bestand. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger nach seinem Kenntnisstand ursprünglich für den Folgetag eingeplant. Zu diesem Zeitpunkt war er verpflichtet seiner Arbeit nachzugehen und dazu gehört auch die in seiner Freizeit bei ihm eingegangen dienstlichen Nachrichten zu lesen. Zu diesem Zeitpunkt war hier die Anweisung zu einem Dienstantritt um 6 Uhr schon überholt und da eine andere Arbeitsleistung für den Tag nicht angeordnet wurde, lag kein Fehlverhalten des Klägers vor.

Dem ist nichts weiter hinzuzufügen. Das Gericht hat den enormen Stellenwert der Freizeit und die Bedeutung für den Arbeitnehmer in aller Deutlichkeit ausgeführt.


Fazit

Was bedeutet das für Ihr Arbeitsverhältnis – aber auch für die Betriebsräte unter Ihnen? Für das Arbeitsverhältnis bedeutet das, dass Sie bitte genau in Ihrem Arbeitsvertrag nachschauen, was vereinbart ist und damit zu Ihren konkret geschuldeten Leistungen gehört und was nicht. Etwa auch, ob vor Schichtbeginn die Arbeitszeiten erneut zu kontrollieren sind.

Für Betriebsräte ist wichtig zu prüfen, was in einer Betriebsvereinbarung zur Schichtplanung vereinbart ist. Wenn hier Zeiten eingeräumt werden, die verpflichtend zur Prüfung von Schichtplänen genutzt werden müssen, hätten wir oben ein anderes Ergebnis. Achten Sie bitte immer darauf, dass bei aller Kurzfristigkeit auch Schichtplanänderungen eine zumutbare Vorlaufzeit haben. Andernfalls sollte man mit der Möglichkeit von Rufbereitschaft arbeiten, um trotzdem kurzfristige Einsätze ohne Vorlaufzeit sicherstellen zu können.

Und beachten Sie immer: Freizeit und Erholung sind wichtige Bausteine für eine gesunde und leistungsstarke Arbeit. Wenn Freizeit und Arbeit zu sehr miteinander verschmelzen, sind Ausfallerscheinungen wie Burnout und andere nicht weit. Davon profitiert niemand. Arbeitszeitrecht ist immer vor allem auch Gesundheitsschutz. Und der darf nicht zu kurz kommen.

Sollten Sie weiteren Informationsbedarf zu dieser oder anderen arbeitsrechtlichen Fragen haben, dann melden Sie sich bei uns! Unser Team unterstützt Sie gerne, nutzen Sie dafür auch die Online-Terminvergabe.

Ansgar F. Dittmar

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht Mediator (DAA), Wirtschaftsmediator,


Tel.: +49(0)69-2097378-0

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