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Eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes oder der sexuellen Identität im Arbeitsleben ist verboten. Am 17. Mai ist internationaler Tag gegen Homo-, Bi-, Inter-, und Transphobie (IDAHOBTIA*) und deswegen wollen wir hier heute mal über einen Fall berichten, den wir selbst betreut und natürlich vor Gericht gewonnen haben.

Sachverhalt

Ein junger Mann mit einer Transidentität hat sich auf eine Ausbildungsstelle bei einer Sicherheitsfirma zur Fachkraft für Schutz und Sicherheit beworben. Seine offiziellen behördlichen Ausweisdokumente lauten auf das weibliche Geschlecht. Er verfügt zusätzlich über einen sog. Ergänzungsausweis der deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität auf welchem er mit seinem gewählten, männlichen Namen genannt ist.

Es fand ein Vorstellungsgespräch zwischen dem Kläger und einem Mitarbeiter der Firma statt, indem der Kläger seine Transidentität offenlegte.

Anschließend übersandte man dem Kläger einen Personalbogen zum Ausfüllen, zusätzlich sollte ein Ausweisdokument angehängt werden. Dieser Aufforderung kam der Kläger nach und füllte alles aus: im Personalbogen nannte er seinen männlichen Namen.

Der nächste Schritt wäre die Unterzeichnung eines Ausbildungsvertrages gewesen, aber dazu kam es nicht mehr. Auf Nachfrage wurde dem Kläger mitgeteilt, die Verspätung wäre darauf zurückzuführen, dass der Vertrag den weiblichen Vornamen und die entsprechende Geschlechtsangabe enthalten werde, weil die Namensänderung noch nicht amtlich vollzogen sei.

Nachdem der Vertrag dann zugesendet wurde, kam der Termin zur beiderseitigen Unterzeichnung nicht zustande. Daraufhin wurde dem Kläger dann erneut auf seine Nachfrage hin mitgeteilt, der Ausbildungsvertrag nicht Zustandekommen wird. Als Grund wird schriftlich angeführt:

„Die gegenwärtig noch nicht geklärte Sachlage Ihrer Orientierung bezüglich des Personalausweises, des bevorstehenden Ausbildungsverhältnis und der kommenden Namensänderung in den Papieren, welche wir im Vertragswerk während der Ausbildung nicht ändern können, lassen eine Gegenzeichnung des Ausbildungsvertrags nicht zu. … Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese Entscheidung lediglich durch Ihr Ausweisdokument begründet ist und wir Sie gern nach Klärung ausbilden möchten.“

Der Kläger hat noch einmal insistiert – alles versucht, um den begehrten Ausbildungsplatz zu bekommen. Aber er erhielt eine Mail vom Betriebsleiter mit dem Inhalt: „Wir sind rechtlich dazu verpflichtet, unsere Arbeitsverträge auf Grundlage eines gültigen Ausweisdokuments zu erstellen. Dieses konnten Sie bis dato, aus bereits besprochenen Gründen, noch nicht vorlegen.“

Zum Abschluss eines Ausbildungsverhältnisses kam es nicht mehr. Die Parteien stritten dann über einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von drei Monatsgehältern vor dem Arbeitsgericht.

Das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz

Haben Sie davon schon mal gehört? Gleich in § 1 AGG ist das Ziel des Gesetzes recht prägnant getroffen. Das ist nämlich die Beseitigung von unmittelbaren und mittelbaren Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder eben der sexuellen Identität.

Hört sich doch hier alles ganz passend an – oder?

Urteil

Ja genau – denn genau auf dieser Grundlage hat das Gericht hier auch entschieden. Der von uns vertretene Mandat bekam Recht und erhielt einen Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 AGG.

Das AGG gilt nach § 6 Abs. 1 S.2 auch für Bewerberinnen und Bewerber, deswegen kommt der Kläger hier für eine Entschädigung in Frage, obwohl der Ausbildungsvertrag nicht unterschrieben wurde.

Der Entschädigungsanspruch findet sich in § 15 Abs. 2 AGG danach kann der Betroffene Entschädigung in Geld verlangen. Diese Entschädigung darf bei Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht überschreiten, wenn der oder die Betroffene auch ohne Benachteiligung nicht eingestellt worden wäre. Das eigentliche Benachteiligungsverbot steht in § 7 AGG. Der Kläger ist hier von der Beklagten unmittelbar benachteiligt worden, § 3 Abs. 1 S. 1 AGG. Davon spricht man, wenn eine Person aus einem der genannten Gründe eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine Person in einer vergleichbaren Situation. Eine Transidentität kann hier sowohl unter „Geschlecht“ als auch unter „sexuelle Identität“ fallen.

Zur Erleichterung sieht das AGG außerdem eine Beiweislastumkehr vor, d.h. wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung vermuten lässt, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

Zwischen dem Grund und der Benachteiligung muss ein Kausalzusammenhang bestehen, wobei eine Mitursächlichkeit als Motiv schon ausreicht. Hier liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, da trotz des positiven Verlaufs des Bewerbungsverfahrens, sowie die Übersendung des Vertrages und des Personalbogens kein Ausbildungsverhältnis begründet. Die Beklagte gab hierfür selbst als Grund an, dass „die Sachlage der Orientierung des Klägers bezüglich des Personalausweises, des bevorstehenden Ausbildungsverhältnisses und der kommenden Namensänderung in den Papieren gegenwärtig noch nicht geklärt sei“. Damit bezieht sie sich ausdrücklich auf die Diskrepanz zwischen der vom Kläger gelebten männlichen Identität und den Angaben im Personalausweis.

Das Gericht fand die Argumentation der Beklagten, wonach der Personalausweis dem Schutz der Angestellten im Falle einer Kontrolle durch die Polizei diene nicht überzeugend. Die Pflicht von Wachpersonen, den Ausweis nach § 18 Abs. 1 BeWachV in Verbindung mit einem weiteren Ausweisdokument mitzuführen, dient zwar dazu nachzuvollziehen, ob diese Personen tatsächlich fort beschäftigt sind. Allerdings ist nicht ersichtlich, warum das im Falle des Klägers nicht mithilfe seines auf den weiblichen Namen lautenden Personalausweises in Verbindung mit dem Ergänzungsausweis erfüllt werden kann.

Die Entschädigung wurde festgesetzt auf drei Bruttomonatsgehälter. Die Frist zu Geltendmachung solcher Ansprüche beträgt zwei Monate und wurde eingehalten.

Übrigens: der Entschädigungsanspruch ist in diesen Fällen auf drei Monate begrenzt und es gibt auch keine Möglichkeit, sich den Arbeitsplatz zu erstreiten.

Fazit

Das Gericht hat mit seinem Urteil die Rechte von transsexuellen Menschen erneut gestärkt. Damit ist es nicht nur das richtige Urteil in diesem Fall, sondern setzt auch die Weichen in der Gesellschaft auf ein besseres Miteinander.

Nach dem AGG hat jeder Arbeitnehmer – oder in diesem Fall Bewerber – einen Entschädigungsanspruch bei diskriminierender Benachteiligung. Aber aufgrund der Frist von zwei Monaten haben Sie nur begrenzt Zeit darauf zu reagieren.

Was heißt das speziell für Sie? Kontaktieren Sie uns, wenn sie Diskriminierungen jedweder Art am Arbeitsplatz erfahren haben. Nehmen Sie das nicht einfach hin – sondern wehren Sie sich! Nutzen Sie dazu unsere Online- Terminvergabe. Mit wenigen Klicks bekommen Sie Ihren Termin – bequem von zuhause aus und natürlich bundesweit. Egal wo Sie wohnen, wir stehen an Ihrer Seite!

Ansgar F. Dittmar

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht Mediator (DAA), Wirtschaftsmediator,


Tel.: +49(0)69-2097378-0

Fax.: +49(0)69-2097378-10

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